
Seit Jahrzehnten gilt Fluorid als Goldstandard der Kariesprophylaxe. Nahezu jede Zahnpasta in unseren Drogerien enthält den Wirkstoff. Doch während die Schutzwirkung gegen Karies wissenschaftlich belegt ist, wächst die Diskussion über mögliche Risiken einer Überfluoridierung. Neuere Forschungsergebnisse und alternative Wirkstoffe wie Hydroxylapatit stellen die Frage: Muss es wirklich Fluorid sein – oder gibt es sicherere, ebenso wirksame Optionen?
Die Wirkung von Fluorid – unbestritten, aber nicht unproblematisch
Fluorid härtet den Zahnschmelz, indem es in die oberste Schicht eingebaut wird und ihn widerstandsfähiger gegen Säuren macht. Zahlreiche klinische Studien belegen, dass fluoridhaltige Zahnpasta das Kariesrisiko senken kann.
Doch es gibt mehrere kritische Aspekte:
- Synthetischer Ursprung: Das in Zahnpasten eingesetzte Fluorid liegt nicht als natürliches Mineral vor, sondern wird industriell aus Verbindungen wie Natriumfluorid oder Natriummonofluorphosphat hergestellt.
- Begrenzter Säureschutz: Fluorid bildet eine oberflächliche Schutzschicht (Calciumfluorid-ähnliche Ablagerungen). Dieser Schutz ist jedoch pH-abhängig und kann bei wiederholter Säureeinwirkung rasch wieder gelöst werden.
- Dentalfluorose: Bei Kindern im Zahnwachstum kann schon eine regelmäßige Überaufnahme von Fluorid (z. B. durch Verschlucken von Zahnpasta) zu weißen oder bräunlichen Flecken im Zahnschmelz führen.
Wie entstehen Fluorosen biochemisch?
Fluorose ist das sichtbare Zeichen einer Störung der Schmelzbildung (Amelogenese):
- Während des Zahnwachstums lagern sich Fluoridionen in das sich mineralisierende Gewebe ein.
- Dies verändert die Funktion der Schmelzbildungszellen (Ameloblasten) und hemmt den Abbau organischer Matrixproteine.
- Das Resultat ist eine fehlerhafte Kristallbildung im Zahnschmelz – es entstehen poröse Strukturen, die sich klinisch als weiße Flecken, später auch als bräunliche Verfärbungen oder Defekte zeigen.
Hydroxylapatit: Der natürliche Baustein des Zahns
In den letzten Jahren ist Hydroxylapatit (HAp) als Alternative zu Fluorid zunehmend in den Fokus der Forschung gerückt. Dabei handelt es sich um den Hauptbestandteil des menschlichen Zahnschmelzes und der Knochen.
Studien zeigen:
- HAP kann sich wie eine Schutzschicht auf die Zahnoberfläche legen und mikroskopische Defekte auffüllen.
- Es remineralisiert geschädigten Schmelz und reduziert nachweislich Kariesrisiken.
- Es wirkt antibakteriell, indem es Bakterien am Anhaften hindert.
- Es ist biokompatibel und sicher – ein Verschlucken birgt keinerlei Gesundheitsrisiken, da es sich um eine körperidentische Substanz handelt.
Warum die Debatte wichtig ist
Befürworter von Fluorid argumentieren, dass die Substanz seit Jahrzehnten eingesetzt wird und in zahlreichen Studien ihre Wirksamkeit gezeigt hat. Das ist korrekt – jedoch basiert dieses Paradigma auf einer Zeit, in der keine gleichwertige Alternative existierte.
Heute jedoch gibt es mit Hydroxylapatit einen Wirkstoff, der:
- genauso wirksam,
- dabei vollkommen unbedenklich,
- und für alle Altersgruppen geeignet ist.
Fazit: Zeit für ein Umdenken
Fluorid hat der Zahnmedizin zweifellos gute Dienste erwiesen. Doch die Risiken einer Überfluoridierung, insbesondere bei Kindern, sind real und wissenschaftlich belegt. Mit Hydroxylapatit steht heute ein Wirkstoff zur Verfügung, der die Vorteile von Fluorid bietet, ohne dessen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Studien & Quellen
Fluorid und Fluorose:
- Fejerskov O, et al. Dental fluorosis: A handbook for health workers. Munksgaard, 1996.
- DenBesten P, Li W. Chronic fluoride toxicity: dental fluorosis. Monogr Oral Sci. 2011;22:81–96. doi:10.1159/000327042
- WHO. Fluoride in Drinking-water. 2006.
- CDC. Dental Fluorosis Facts. 2020.
Begrenzter Säureschutz von Fluorid:
- Ten Cate JM. Fluoride mechanisms of action: a review. Acta Odontol Scand. 1999;57(6):325–329.
- Buzalaf MAR, et al. Fluoride and the oral environment. Monogr Oral Sci. 2011;22:1–15.
Hydroxylapatit als Alternative:
- Hannig M, et al. Effect of nano-hydroxyapatite on enamel surface roughness and microhardness in situ. J Nanosci Nanotechnol. 2013;13(8):4771–4777.
- Amaechi BT, et al. Remineralization of early caries by a nano-hydroxyapatite dentifrice. J Clin Dent. 2019;30(5):A1–A5.
- Paszynska E, et al. Comparative effectiveness of a hydroxyapatite and a fluoride toothpaste for prevention and remineralization of caries in children. Sci Rep. 2021;11:16618. doi:10.1038/s41598-021-95912-8